DÜSSELDORF. Europa wird zum Hotspot der Elektromobilität: Die Verkäufe von batterieelektrischen Autos und Plug-in-Hybriden stiegen 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 44% auf über 600.000 Fahrzeuge. Damit sticht Europas Entwicklung weltweit heraus: In China nahmen die E-Auto-Verkäufe nur um 3% auf 1,2 Mio. zu, in den USA schrumpfte der Markt sogar um 12% im Vergleich zum Vorjahr auf gut 300.000 Autos. Insgesamt wurden 2019 weltweit 2,3 Mio. E-Autos verkauft, das sind 9% mehr als 2018. Durch die anhaltende Dynamik konnte Europa seinen Weltmarktanteil auf über ein Viertel steigern; E-Autos erreichten 2019 einen Anteil von 2,8% aller Neuzulassungen. Norwegen als reifster E-Auto-Markt in Europa behält neben China auch die Führung im McKinsey Electric Vehicle Index, mit dem die Unternehmensberatung McKinsey & Company regelmäßig die Entwicklung der E-Mobilität in den 15 wichtigsten Ländern misst.
Nur noch jedes vierte verkaufte E-Auto ist ein Plug-in-Hybrid
„China bleibt weiterhin der größte Markt in der Welt, das Angebot lokaler chinesischer Produkte ist deutlich gestiegen“, sagt Nicolai Müller, Seniorpartner im Kölner Büro von McKinsey. „Allerdings hat in Europa die Nachfrage sprunghaft angezogen. Weitere Dynamik ist zu erwarten – nämlich durch das steigende Produktangebot, mit dem die Hersteller die CO2-Grenzwerte erreichen wollen.“ Bis 2021 müssen die Hersteller über 2 Mio. E-Autos auf den Markt bringen, um Strafzahlungen an die Europäische Union zu vermeiden. Deutschland ist mit über 110.000 verkauften E-Autos 2019 der drittgrößte Markt weltweit und absolut der größte in Europa. Mit einem Marktanteil von 2,8% für E-Autos liegt Deutschland im europäischen Durchschnitt – hier sind Norwegen mit fast 45% Marktanteil, Island (22%) und die Niederlande (13%) weltweit vorne. Auch die Modellauswahl ist in Europa besonders groß: Nach China mit knapp 170 verfügbaren E-Auto-Modellen folgt bereits Deutschland mit über 80 Modellen. Sechs weitere europäische Länder folgen auf den Plätzen drei bis acht.
Tesla baut seinen Vorsprung als führender E-Auto-Hersteller weltweit aus: 2019 setzten das Unternehmen 368.000 Fahrzeuge ab – davon allein 300.000 Mal das Model 3, das mit Abstand weltweit meistverkaufte E-Auto. Mit BMW (133.000 verkaufte E-Autos) und VW (85.000) liegen zwei deutsche Marken in den Top 10. Besonders Kompaktfahrzeuge mit 44% Marktanteil und SUVs (30%) konnten bei den Kunden punkten. Zudem setzt sich der Trend zu reinen batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) fort: 74% aller 2019 verkauften E-Fahrzeuge waren BEVs, Plug-in-Hybride kamen nur noch auf 26% Marktanteil.
„Die Modelloffensive der Hersteller ist in vollem Gange“, sagt Patrick Schaufuss, Juniorpartner von McKinsey und Autor der Analyse. Bis 2024 hat die Industrie 600 neue E-Auto-Modelle angekündigt: Chinesische Autobauer liegen mit 169 Modellen vorne, gefolgt von Japan (145) und Deutschland (102). „Das Augenmerk der Hersteller liegt dabei im mittleren und großen Fahrzeugsegment“, erläutert Schaufuss. Der Anteil deutscher Hersteller an der weltweiten E-Auto-Produktion wird von 18% im vergangenen Jahr auf 29% im Jahr 2024 ansteigen. Damit könnte Deutschland mit über 1,7 Mio. produzierten E-Fahrzeugen bereits 2021 zum Weltmarktführer für E-Autos aufsteigen – knapp vor China.
Parallel zu den Modellankündigungen haben die Hersteller auch Batteriekapazitäten aufgebaut. Bis 2025 sollen bis zu 1.000 GWh an Produktionskapazitäten entstehen, davon ein Großteil in China (bis zu 610 GWh), Europa (bis zu 290 GWh) und den USA (150 GWh). Wie im Fahrzeugmarkt ist hier die Dynamik in Europa mit einer jährlichen Wachstumsrate von bis zu 47% am größten.
Methodik
Der von McKinsey entwickelte Electric Vehicle Index untersucht seit 2010 auf Länderebene, wo die für die Elektromobilität 15 wichtigsten Nationen jeweils stehen. Die untersuchten Länder sind: China, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Island, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Norwegen, Schweden, Südkorea und USA. Der Index untersucht dabei die zwei wichtigen Dimensionen bei der Entwicklung der E-Mobilität, die Markt- und die Industrieseite.
Auf Marktseite wird zum einen analysiert, wie groß der Marktanteil von E-Fahrzeugen am Gesamtmarkt ist. Zum anderen werden Anreize wie Subventionen, die vorhandene Infrastruktur sowie das verfügbare Angebot von E-Fahrzeugen bewertet. Der Industrie-EVI untersucht, wie erfolgreich die jeweilige Automobilindustrie des Landes beim Thema E-Mobilität ist. Hierzu werden Faktoren wie der aktuelle und zukünftige Anteil an der weltweiten Produktion von Elektrofahrzeugen sowie wichtiger Komponenten wie E-Motoren und Batterien herangezogen.