Das sind zentrale Erkenntnisse des „State of Fashion 2021“-Reports von The Business of Fashion (BoF) und McKinsey & Company. In seinem fünften Jahr behandelt der Bericht die Zukunft der globalen 2,5 Billionen US-Dollar schweren Modebranche auf Basis exklusiver Interviews mit Top-Führungskräften aus der Modebranche sowie einer Umfrage unter mehr als 320 Modefachleuten, die einen maßgebenden Eindruck davon vermitteln, was der Branche im Jahr 2021 bevorsteht.
Das Jahr 2021 wird geprägt sein von einer langwierigen Erholungsphase – auch über 2021 hinaus – für die globale Modebranche, die je nach Modekategorie, Wertschöpfungssegment und geografischem Markt unterschiedlich ausfallen wird, wobei es trotz der anhaltenden wirtschaftlichen Herausforderungen einige Wachstumsbereiche geben wird. Modeunternehmen, die sich auf Digitalisierung, Asien (insbesondere China) und Luxus konzentrieren, könnten einen Wettbewerbsvorteil haben. „Die Krise hat Verbrauchertrends, die bereits zu Veränderungen in der Modebranche geführt hatten, weiter verstärkt. Das gilt insbesondere für die schnellere Einführung digitaler Kanäle. Hier sehen wir in acht Monaten ein Wachstum, für das bisher sechs Jahre nötig waren. Auch beobachten wir Wachstum im Sport- und Freizeitsegment sowie ein verstärktes Interesse an Nachhaltigkeitsthemen. Und die Krise ist noch nicht vorbei — wir werden bis 2022 nicht aus dem Abschwung herauskommen. Der Aufschwung wird seine Zeit brauchen und in unterschiedlichen Regionen unterschiedliche Wege gehen“, sagt Achim Berg.
Zwei Szenarien für die Erholung der Modebranche:
- Das frühere Erholungsszenario geht von einer wirksamen Eindämmung des Virus durch Impfstoffe und/oder staatliche Maßnahmen aus, was zur Aufhebung der Reisebeschränkungen innerhalb weniger Monate führen und eine schnellere wirtschaftliche Erholung ermöglichen könnte, was den weltweiten Modeumsatz im 3. Quartal 2022 wieder auf das Niveau von 2019 zurückkehren lassen würde.
- Das spätere Erholungsszenario nimmt ein periodisches Wiederauftreten des Virus in verschiedenen Regionen der Welt an, was zu weiteren Lockdowns führen könnte. In diesem Szenario würde der weltweite Modeumsatz erst im 4. Quartal 2023 wieder auf das Niveau von 2019 zurückkehren.
Entwicklung der Umsätze
Der weltweite Modeumsatz wird 2020 voraussichtlich einen Rückgang von 15-30% verzeichnen, wobei die Auswirkungen auf die Modebranche uneinheitlich ausfallen werden: Europa wird 2020 vermutlich die am schlimmsten betroffene Region sein mit einem Umsatzrückgang von 22-35%. In Deutschland, Österreich und Schweiz sinken die Umsätze voraussichtlich um 19%. Allerdings wird erwartet, dass Europa sich Anfang des 2. Quartals 2022 erholt. Die USA werden einen Rückgang von 17–32% verzeichnen und sich voraussichtlich bis zum 1. Quartal 2023 langsam erholen. China dürfte mit einem Umsatzrückgang von 7-20% weniger betroffen sein: Der Modeumsatz in China wird voraussichtlich bereits im 4. Quartal 2020 oder spätestens im 1. Quartal 2021 wieder das Vorkrisenniveau erreichen.
Betrachtet man die Segmente haben sich Luxusmode und erschwingliche Luxusmode als geringfügig widerstandsfähiger erwiesen als andere Segmente, wobei der Umsatz in den Quartalen zwischen Februar und Juni 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um durchschnittlich 30% und das EBITA um durchschnittlich 20 Prozentpunkte gesunken ist. Auch der globale Kosmetikmarkt erweist sich als widerstandsfähiger als der Modemarkt. Seine Umsätze werden 2021 voraussichtlich auf das Niveau von 2019 zurückkehren — und dieses sogar übertreffen.
Obgleich die Modeindustrie ihr schlechtestes Jahr erlebt, in dem fast drei Viertel der börsennotierten Unternehmen Geld verlieren, gibt es auch einige gute Nachrichten. Während der Covid-19-Krise verdoppelte sich der Online-Umsatz in der Modebranche in Europa von 16% auf aktuell 29% des Gesamtumsatzes. In Deutschland, Österreich und Schweiz stieg der Onlineanteil auf derzeit 35%. 71% der Führungskräfte aus der Modebranche gehen davon aus, dass ihr Online-Geschäft bis 2020 um 20% oder mehr wachsen wird.
Imran Amed, Gründer und CEO von The Business of Fashion: "Während die Modebranche auf ihr bisher schlechtestes Jahr blickt, hat die Pandemie auch eine längst überfällige Abrechnung für den Sektor ausgelöst und eine Gelegenheit für eine Neuerfindung und Neuausrichtung der Branche in den kommenden Jahren geschaffen. Die Pandemie hat die Digitalisierung und Innovation beschleunigt, auch wenn die Verbraucher sich der Notlage der gefährdeten Arbeitnehmer in der Wertschöpfungskette bewusster geworden sind und Erwartungen an eine faire Behandlung aller geweckt haben. In der Welt nach dem Coronavirus wird das Modesystem neu aufgestellt werden müssen, um verantwortungsbewusster, nachhaltiger und menschlicher zu werden."