„Sieben der zehn wertvollsten Unternehmen der Welt gründen ihren Erfolg auf datenbasierten Geschäftsmodellen“, sagt Timo Möller, Partner im McKinsey Center for Future Mobility und Co-Autor der Studie. „In der Mobilitätsindustrie bleibt das Potenzial, mit Daten Geld zu verdienen, allerdings noch zu oft ungenutzt. Dabei wird die Monetarisierung von Daten angesichts sinkender Profite aus dem klassischen Autogeschäft immer wichtiger. Neueinsteiger und Unternehmen außerhalb des Automobilsektors definieren zunehmend die Standards, an denen Kunden auch die Autoindustrie messen.“
Die Automobilindustrie muss auf das große Potenzial reagieren
Trotz des großen Potenzials werden Daten aus dem Auto bislang noch nicht im großen Maßstab genutzt. Dafür gibt es nach Ansicht von McKinsey vor allem drei Gründe: die Differenzierung des eigenen Angebots und das damit ausbleibende Kundeninteresse, eine fehlende schlagkräftige Organisationseinheit in den Unternehmen sowie ein bislang begrenztes Ökosystem für Fahrdaten. „Auch die Absatzeinbrüche durch die Covid-19 Pandemie haben ihren Anteil daran, dass Connectivity sich nicht ganz so schnell in der Breite durchgesetzt hat wie erwartet. Allerdings wird die zunehmende Digitalisierung mittelfristig Rückenwind für dieses Thema bieten“, beobachtet Möller. „Die Autoindustrie hat verstanden, dass Konnektivitätslösungen nicht nur zusätzlichen Umsatz und Kosteneinsparungen über den gesamten Lebenszyklus des Autos bringen, sondern den Kunden auch viel stärker an die Marke binden können – wenn man es richtig macht. Andernfalls bietet sich hier Neueinsteigern und Technologieunternehmen ein riesiges Potential – die Industrie muss also reagieren“. Das Kundeninteresse ist grundsätzlich vorhanden: 37% der Autokäufer geben in einer globalen McKinsey-Umfrage an, sie würden für bessere Konnektivität die Marke wechseln – bei den für deutsche Marken so wichtigen Premiumkunden sind es sogar 47%.
McKinsey rechnet damit, dass 95% aller Neufahrzeuge 2030 zumindest grundlegende Konnektivitätsfunktionen haben werden – dazu gehört das Auslesen von Fahrzeugdaten sowie die Einbindung des Smartphones in das Infotainmentsystem des Fahrzeugs. Heute liegt der Anteil solcher Fahrzeuge noch bei 50%. Rund die Hälfte der Neufahrzeuge wird 2030 sogar weiter fortgeschrittene Funktionen beinhalten – dies reicht von der Personalisierung der Inhalte für jeden einzelnen Mitfahrer bis hin zu einen virtuellen Chauffeur, der auf Basis künstlicher Intelligenz Vorschläge macht.
„Je höher der Konnektivitätsgrad, desto größer auch das Umsatz- und Einsparpotenzial“, macht Tobias Schneiderbauer, Co-Autor der Analyse und Associate Partner von McKinsey deutlich. Bei einer grundlegenden Vernetzung des Autos ergeben sich 130 bis 210 US-Dollar Umsatzpotenzial und 100 bis 170 US- Dollar an möglichen Einsparungen. Bei fortgeschrittenen Technologien sind hingegen schon 400 bis 610 US-Dollar Umsatzpotential möglich und 120 bis 210 US-Dollar Einsparpotential. „Dies wird gerade für die deutschen Premiumhersteller ein wichtiges Wachstumsfeld.“
Drei Anwendungen sind McKinsey zufolge mit rund 40-45% des Gesamtpotentials für die Industrie besonders wichtig:
- Over-the-air-Updates: Neue Funktionen für das Auto sind nicht nur für den Kunden interessant, sondern auch für Hersteller und zunehmend auch für Zulieferer. Sie können zusätzliche Umsätze über den Lebenszyklus durch die Aktivierung von Features und neuen Services generieren, teure Rückrufe bei Fehlfunktionen vermeiden und Restwerte von Gebrauchtfahrzeugen erhöhen. 39% aller Kunden interessieren sich für die Möglichkeit, nach dem Kauf zusätzliche Services dazuzubuchen.
- Optimierung von Hardware in Forschung und Entwicklung: Auf Basis von Fahrzeugdaten könnten Hersteller und Zulieferer neue Modelle passgenauer entwickeln – und beispielsweise Komponenten, die der Kunde kaum nutzt, in der nächsten Fahrzeuggeneration anders auslegen. Außerdem kann damit die Anzahl an Ausstattungsvarianten optimiert werden.
- Prädiktive Wartung: Die Überwachung kritischer Fahrzeugkomponenten kann helfen, diese zu ersetzen, bevor es zum Totalausfall kommt und den Kunden damit eine optimierte Kundenerfahrung ermöglichen. Außerdem können Händler und Werkstätten basierend auf diesen Daten ihr Inventar besser steuern, ihre Auslastung deutlich erhöhen und den Kundenservice verbessern.