Der Umfrage zufolge wertschätzen zwar die Abiturienten mit den besten Noten das Lehramt am meisten, doch entscheiden sich die wenigsten von ihnen letztlich für den Beruf. „Wir brauchen aber exzellente Lehrkräfte, um alle Schüler und Schülerinnen auf die künftige Arbeits- und Lebenswelt vorzubereiten“, sagt Volker Meyer-Guckel, Generalsekretär des Stifterverbandes. Um auch die besten Abiturienten für das Lehramt zu interessieren, müsse die Lehrerlaufbahn wieder attraktiver werden. „Im Moment wollen nur 11 Prozent der Top-Abiturienten Lehrer werden. Genauso viele von ihnen geben ‘Influencer‘ als Berufswunsch an, das kann uns als Gesellschaft nicht gefallen“, so Volker Meyer-Guckel.
Geringes Interesse von Top-Schülern am Lehramt
Für das geringe Interesse der Top-Schüler am Lehramt gibt es verschiedene Gründe. Ihnen sind „Spaß an der Arbeit“, „Einkommen“ und „Aufstiegsmöglichkeiten“ besonders wichtig – Aspekte, die sie eher mit einer Karriere in der Wirtschaft und nur bedingt mit dem Lehrerberuf verbinden. Bedenklich auch: Lag die Abiturnote der Lehramts-Studienanfänger im Jahr 2014 noch bei 2,1 rutschte sie im Jahr 2021 auf 2,5. Meyer-Guckel: „Gute Abiturnoten allein befähigen zwar nicht zwangsläufig zum Lehrerberuf, sind aber ein guter Indikator für fachliche Versiertheit.“
Die heutigen Lehramtsanwärter bringen der Umfrage zufolge aber gute personale Kompetenzen mit. Sie zählen sehr häufig Empathie und den Umgang mit jungen Menschen zu ihren besonderen Stärken. Großen Nachholbedarf gibt es allerdings bei den digitalen Kompetenzen. Zwar zählt noch jeder vierte Befragte diese zu seinen besonderen Stärken, aber nur jeder Achte hat großen Spaß daran, sich mit Technologien auseinanderzusetzen. Noch seltener genannt werden transformative Kompetenzen, also Schlüsselkompetenzen, die für die Bewältigung von gesellschaftlichen Herausforderungen benötigt werden. Für den Lehrerberuf bedeutet dies beispielsweise in der Lage zu sein, Schulen zu digitalen und zu nachhaltigen Institutionen weiterzuentwickeln. Dafür werden Veränderungsbereitschaft und Innovationsstärke benötigt. Aber nur 10 bis 13 Prozent der Befragten zählen die für den Modernisierungsprozess notwendige Resilienz gegenüber Rückschlägen oder auch das Sprechen vor größeren Gruppen zu ihren besonderen Stärken.
Mehr Entscheidungshoheit für die Schulen
Bei der Transformation zur „Schule der Zukunft“ benötigen die Einrichtungen nach Ansicht von Stifterverband und McKinsey mehr Entscheidungshoheit bei Personalentscheidungen und flexiblere Zugangskriterien in den Lehrerberuf. Ebenfalls notwendig: Ausbildende Universitäten sollten verstärkt digitale Kompetenzen vermitteln. Grundsätzlich müsse der Lehrerberuf aber auch durch bessere Aufstiegsmöglichkeiten attraktiver werden, um noch mehr gute Schüler für ein Studium zu gewinnen. Gleichzeitig müssen für Schulen Standards zur technischen Ausrüstung durch die Länder festgelegt werden. Der Lehrerberuf würde von einer Öffnung für Quereinsteiger aber auch von einem systematischem Qualifizierungssystem profitieren sowie durch die Möglichkeit für ein Jahr Arbeitserfahrungen in anderen Systemen und Bereichen sammeln zu können.