Der Profifußball bleibt ein Wachstumsmotor der deutschen Volkswirtschaft. Der Profifußball in Deutschland hat in der Saison 2023/2024 eine Wertschöpfung von 14,2 Mrd. Euro erzielt, was einer Steigerung von 30% seit 2018/19 entspricht. Inflationsbereinigt wächst das System Profifußball jährlich um rund 1,5% und damit etwa dreimal so schnell wie die deutsche Gesamtwirtschaft im gleichen Zeitraum (0,4% pro Jahr). Getragen wurde dieses Wachstum vor allem durch die den Clubs und der Liga angrenzenden Branchen wie Vermarkter (z.B. TV-Rechte), Begünstigte (z.B. Gastronomie) und Zulieferer wie die Bauwirtschaft. Rund 85% der Zuwächse kommen aus diesen Bereichen.
Neben der wirtschaftlichen hat der Profifußball auch eine enorme gesellschaftliche Bedeutung: Für 41% der Deutschen stellt die Bundesliga einen bedeutenden Lebensinhalt dar (im Vergleich, liegt die Kirche bei 12%). In kaum einer anderen Kultur- oder Freizeitaktivität sind so viele verschiedene Gesellschaftsgruppen vereint – unabhängig von Alter, Herkunft oder Einkommen. Dies geht aus der heute veröffentlichten Analyse „Mehr als nur ein Spiel“ der Unternehmensberatung McKinsey & Company hervor. Für die Studie wurden die wirtschaftlichen Effekte der 1. und 2. Bundesliga, des DFB-Pokal und die Inlandseffekte europäischer Wettbewerbe untersucht und eine repräsentative Umfrage unter mehr als 1.000 Personen in Deutschland durchgeführt. Die Studie – schon die vierte zu diesem Thema nach 2010, 2015 und 2020 – hat McKinsey unabhängig und in Eigenregie durchgeführt.
Zusätzliche Wertschöpfung vor allem in angrenzenden Bereichen
„Die Bundesliga ist mehr als nur ein Spiel. Die wirtschaftlichen Kennzahlen des professionellen Fußballs und des indirekt vom Fußball profitierenden Ökosystems haben sich erneut positiv entwickelt. Diese wirtschaftliche Stärke ist eng verbunden mit der hohen gesellschaftlichen Relevanz der Bundesliga.“, sagt Jörn Küpper, Senior Partner im Kölner Büro von McKinsey und Co-Autor der Studie.
Für jede 100 Euro, die die Vereine und die Liga erwirtschaften, werden in angrenzenden Branchen über 200 Euro zusätzliche Wertschöpfung generiert. Dies sind 15% mehr als noch 2018/19. Die Wertschöpfung in angrenzenden Branchen wächst in der Betrachtungsperiode damit zum ersten Mal stärker als der Profifußball selbst (+5,7% pro Jahr im Vergleich zu +2,9% pro Jahr).
Das System Profifußball leistet weiterhin einen starken Beitrag zum deutschen Arbeitsmarkt. Seit der Saison 2018/19 wurden im Profifußball rund 20.000 zusätzliche Vollzeitstellen geschaffen. 2023/24 bietet das System nahezu 150.000 Vollzeitstellen – mehr als die weltweite Anzahl an Vollzeitstellen von 34 der 40 Unternehmen im DAX 40. Nur knapp 10% dieser Stellen entstehen im Kerngeschäft des professionellen Fußballs, während der Rest in angrenzenden Bereichen liegt. Dadurch profitiert insbesondere die breite Gesellschaft, während die Spielergehälter in der Betrachtungsperiode unterproportional gestiegen sind.
Der Profifußball bleibt eine wichtige Quelle von Steuereinnahmen. Die staatlichen Nettoeinnahmen aus dem Profifußball belaufen sich aktuell auf rund 4,6 Mrd. Euro pro Jahr, was einer Steigerung von etwa 25% seit 2018/19 entspricht. Diese Einnahmen übersteigen damit beispielweise die öffentlichen Ausgaben des Bundes für Wohngeld, die 2023 bei rund 4,3 Mrd. Euro lagen oder die Kosten für die Bundespolizei, die im Bundeshaushalt 2024 mit 4,2 Mrd. Euro veranschlagt waren.
Bundesliga ist gesellschaftlicher Treffpunkt – und individueller Rückzugsort
Auch im Alltag der Menschen scheint die Bundesliga allgegenwärtig: So zieht die Bundesliga im Schnitt über 350.000 Fans pro Woche in die Stadien, auch in der 2. Bundesliga sind es mehr als 260.000. Zudem erreichen beide Ligen zahlreiche weitere Zuschauende vor dem Fernseher.
„Die Ergebnisse unserer Analyse vermitteln ein klares Bild: Die Bundesliga zählt nicht nur zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten in Deutschland, sondern sie vereint auch viele unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen. Ihre Wirkung auf die Gesellschaft ist in vielen Bereichen stark positiv“, sagt Tilman Tacke, Partner bei McKinsey und Co-Autor der Studie.
Der positive Einfluss der Bundesliga zeigt sich vor allem in ihrer Fähigkeit, Menschen zusammenzubringen. Die Bundesliga bietet einem großen Teil der Bevölkerung einen physischen Treffpunkt, fördert die Motivation zum sozialen Engagement, stärkt die Identifikation mit der Region, vermittelt Werte und stärkt den Zusammenhalt. In drei der fünf genannten Dimensionen übertrifft sie alle weiteren relevanten Freizeit- und Kulturaktivitäten in Deutschland (z.B. Sport treiben, Medienkonsum, Kunst und Kreatives, Kirche). Zudem ist der Profifußball ein Rückzugsort für das Individuum. Die Bundesliga wirkt nicht nur im Kollektiv, sondern bietet den Menschen einen Rückzugsort aus den Herausforderungen ihres Alltags. Sie fördert soziale Verbindungen, schafft Identifikation, ermöglicht Ablenkung und weckt Emotionen. Im Vergleich mit anderen Freizeit- und Kulturaktivitäten befindet sich die Bundesliga in diesen Dimensionen unter den Top 3.
„Diese gesellschaftliche Wirkung ist kein Selbstläufer“, so Paul Küderli, Partner aus dem Frankfurter McKinsey-Büro und ebenfalls Co-Autor der Studie. „Dieser Erfolg beruht besonders auf vier Säulen, die kontinuierlich gepflegt und weiterentwickelt werden sollten, um die gesellschaftliche Bedeutung zu erhalten“.
Breite Zugänglichkeit. Die Bundesliga sollte weiterhin allen Bevölkerungsgruppen Zugang ermöglichen – sowohl physisch im Stadion als auch digital. Ungefähr 40% der Befragten würden weitere Maßnahmen zur Förderung der Zugänglichkeit befürworten.
Gemeinsames Erleben von Emotionen. Die Bundesliga bietet einen Rückzugsort aus dem Alltag und schafft verbindende Rituale sowie Möglichkeiten für ein aktives Miteinander. Dabei ist es zentral, dass Veranstalter, Fans und Behörden eine verantwortungsvolle Balance zwischen freier Fankultur und Sicherheitsbedürfnis aller Gesellschaftsgruppen finden.
Schulterschluss mit lokalen und sozialen Initiativen. Eine enge Kooperation mit lokalen und sozialen Initiativen sowie dem Breitensport stärkt die Verbundenheit der Gesellschaft mit dem Fußball und der Bundesliga.
Balance zwischen Tradition und Moderne. Viele Menschen in Deutschland sehen die Bundesliga als eine Konstante in ihrem Leben - in unserer Umfrage ergibt sich dabei aber kein homogenes Bild. Während einige die Tradition und Authentizität schätzen, kritisieren sie die zunehmende Kommerzialisierung. Gleichzeitig verändert sich das Mediennutzungsverhalten, wodurch traditionelle Fankultur für andere in den Hintergrund tritt. Daher ist eine ausgewogene Balance zwischen Tradition und Moderne nötig, um ihre gesellschaftliche Verankerung zu stärken.