Dies sind Ergebnisse des Quantum Technology Monitors der Unternehmensberatung McKinsey & Company. Die turnusmäßig veröffentlichte Marktanalyse liefert einen Überblick über den Reifegrad der Quanten Industrien, ihrer Akteure und Investitionen. Sie basiert u.a. auf proprietären Daten, Datenbanken wie Pitchbook und Crunchbase, Experteninterviews und einer Umfrage unter mehr als 300 Branchenführern.
„Der Markt für Quanten Technologien befindet sich gerade erst in der Entstehung, elektrisiert aber jetzt schon Unternehmen, Investoren und potenzielle Anwender. Mit dem Quanten Technology Monitor wollen wir Transparenz in globale Investitionsbewegungen, Marktspieler und potenzielle Anwendungsfelder bringen", sagt Niko Mohr Partner aus dem Düsseldorfer Büro von McKinsey und Initiator der Studie.
Der Wettlauf um die Technologieführerschaft geht weiter. Erst Ende letzten Jahres haben chinesische und amerikanische Forscher Anspruch auf Quantenüberlegenheit beansprucht. "Wir werden immer mehr Akteure sehen, die von der vorwettbewerblichen Erkundung des Quanten-Conmputings zur wettbewerbsorientierten Forschung übergehen. All diese Entwicklungen werden von der Investorenlandschaft genau beobachtet. Nach allem, was wir momentan beobachten, wird es zu weiteren Rekord-Deals kommen. Es geht gerade erst los", sagt Anika Pflanzer, promovierte Quantenphysikerin und Partnerin im Münchner Büro von McKinsey.
Technologische Herausforderungen bestehen aktuell bei der Hardware-Entwicklung und Transparenz über den tatsächlichen wirtschaftlichen Nutzen. Entsprechend bewegen sich Prognosen für die einzelnen Märkte in vergleichsweise breiten Korridoren: Für den QC-Markt schätzen die Studienverantwortlichen das Marktpotenzial bis 2040 auf 9 bis 93 Milliarden Euro. Der QS-Markt könnte 2040 bei einem bis sieben Milliarden US-Dollar liegen und der Qcomms-Markt bei einem bis sechs Milliarden US-Dollar.
USA dominieren einen Markt in Entstehung
Insgesamt forschen und arbeiten mittlerweile weltweit 213 Unternehmen auf dem Gebiet der Quanten Technologien. Darunter befinden sich über 100 Komponentenzulieferer, die größtenteils nicht spezifisch für Quantencomputer-Hardware sind. Der Großteil der originären QT-Unternehmen (99) entwickelt Software-Anwendungen. 45 Firmen haben sich auf den Bau von Quantencomputern spezialisiert. Dieses Segment zieht am meisten Risikokapital (Venture Capital, VC) an. Im Ländervergleich liegen die USA auf mehreren Ebenen weiterhin vorn: Sie verfügen über die größte Anzahl an QC-Start-ups (59), etablierten Unternehmen (9), staatlichen Förderprogrammen (18) und akademischen Forschungsgruppen (63). Zudem stammen 10 der 12 größten Hardware-Unternehmen aus den USA. Deutschland liegt mit sieben Start-ups, zwei etablierten Unternehmen und vier akademischen Forschungsgruppen auf dem sechsten Platz hinter den Kanada, Großbritannien, Japan und Frankreich.Im gesamten QC-Markt wurden bislang 2.1 Milliarden US-Dollar in Start-ups investiert. Investitionen großer Technologieunternehmen in eigene QT-Programme wurden in dieser Betrachtung nicht berücksichtigt, übertreffen die Gründungsfinanzierungen jedoch deutlich. Signifikant kleiner sind die beiden anderen Märkte: So beheimatet QComms aktuell 111 Unternehmen weltweit und konnte bislang 0.6 Milliarden US-Dollar Risikokapital heben. Mit 58 Unternehmen und 0.3 Milliarden US-Dollar ist der QS-Markt am kleinsten. Auch bei den Investitionen nehmen die USA eine Spitzenposition ein. Vier der zehn größten Risikokapitalrunden gingen seit 2017 an Unternehmen aus den USA. Darunter ist auch die bislang größte Investitionsrunde: So gingen in diesem Jahr ca. 650 Millionen US-Dollar an den Hardware-Produzenten IonQ. Privatinvestitionen machen länder- und kontinentübergreifend die Mehrheit der Investionsarten aus. Von 2001 bis 2021 stellten Risikokapitalgeber (Venture Capitalists, VCs) mit 50% genau die Hälfte der globalen Investitionen. Rund 12% der Investitionen kommen direkt von Unternehmen selbst. Die öffentliche Hand trägt mit bislang gut 7% einen vergleichsweise kleinen Beitrag. Doch sowohl Deutschland als auch die EU haben angekündigt, weitere Gelder bereitstellen zu wollen. Mittlerweile rangiert die EU bei den öffentlichen Investitionen mit 7.2 Milliarden US-Dollar auf dem zweiten Platz. Innerhalb der EU investiert der deutsche Staat mit 42% den größten Anteil in die Entwicklung von Quantentechnologien.
Mehr als die EU investiert nur der chinesische Staat mit einem proklamierten Betrag von 15 Milliarden US-Dollar. Eine umfassende Analyse des chinesischen QT-Marktes ist aufgrund der allgemeinen Datenverfügbarkeit jedoch schwierig. Der Quantum Technology Monitor enthält alle öffentlich verfügbaren Daten zum chinesischen Markt. Aber vor allem Chinas kommerzielle Aktivitäten bleiben für Marktanalysten intransparent. Chinas Anstrengungen lassen sich derzeit neben den öffentlichen Investitionen am besten anhand ihrer Patentanmeldungen ablesen. Mit über 6.000 Patenten in 2018 hat China bereits doppelt so viele Patente angemeldet wie die USA. Auch wenn Einblicke in den chinesischen Markt schwierig sind, wird China eine wichtige Rolle dem Zukunftsmarkt der Quantentechnologien spielen.
Wirtschaftlicher Nutzen ab 2025 möglich
Schätzungen zu Marktentwicklungen sind bei aller Unsicherheit durchaus möglich. Sie erfordern jedoch eine genaue Betrachtung von Marktakteuren, ihrer Produktentwicklung und Umsätze. Der Nukleus des QT-Ökosystems – Hardware und Software – hat bislang keine kommerziellen Produkte hervorgebracht. Umsätze werden hauptsächlich durch Komponentenanbieter, Beratungsleistungen und gemeinsame Forschungsprojekte generiert. Am ausgereiftesten ist das Komponentensegment, das jedoch kaum Raum für spezialisierte Akteure bietet. Das potenzielle Hardware-Geschäft wird wiederum von großen Technologieunternehmen dominiert, die sich hauptsächlich auf supraleitende Qubits konzentrieren. Der Markt für Systemsoftware ist aufgeteilt in Full-Stack- und dedizierte Softwareanbieter. Deutliches Potenzial gibt es im Bereich der Anwendungssoftware: Hier ist der Markt noch lange nicht gesättigt, da sich Akteure bislang auf wenige Schlüsselindustrien konzentrieren.Mehrere Branchen arbeiten bereits im "Tarnmodus" an wettbewerbsfähigen QT-Anwendungen. Den stärksten Disruptionseffekt dürfte die Chemie- und Pharmaindustrie spüren, da auf QC basierende Simulation molekularer Prozesse die Notwendigkeit von Tests im Labor ersetzen kann. In der Automobilindustrie kann QC zu Durchbrüchen bei der Entwicklung von Batterien und neuen Kraftstoffen führen. Eher inkrementelle Effekte erwartet die Finanzindustrie. Allerdings ist dort das Wertschöpfungspotenzial mit über 10 Billionen US-Dollar so groß wie in keiner anderen Branche. Pharma, Chemie und nachhaltige Energien könnten im positiven Fall ab 2025 schon finanziell von den Technologien proftieren. Ab 2030 schätzen die befragten Technologieexperten den ökonomischen Nutzen bereits als hoch ein. Mit drei bis 15 Billionen US-Dollar ist das Wertschöpfungspotenzial für diese drei Branchen enorm.