Österreichs Start-up-Ökosystem birgt erhebliches wirtschaftliches Potenzial – das zeigt eine aktuelle McKinsey-Analyse. Mit gezielten Investitionen in Finanzierung, Talentförderung und Regulatorik könnte Österreich bis 2030 zu den dynamischsten Start-up-Standorten Europas aufschließen.
Dies geht aus der neu veröffentlichten Studie „Wohlstand durch Innovation in Österreich: Skalierung des Start-up-Ökosystems“ der Unternehmensberatung McKinsey & Company hervor. Die Studienergebnisse stammen aus einer quantitativen Datenanalyse und qualitativen Interviews mit führenden Vertreter:innen von Österreichs Start-up-Ökosystems. Die Auswertung zeigt: 140 Neugründungen von Start-ups pro Million Einwohner:innen bis 2030 könnten mehr als 206.000 Arbeitsplätze schaffen und bis zu 85 Milliarden Euro an ökonomischem Mehrwert generieren. Parallel würden etablierte Unternehmen von den Innovationen wachstumsstarker Jungunternehmen profitieren.
„Österreich hat das Potenzial, eines der dynamischsten Start-up-Ökosysteme Europas zu werden – aber dafür müssen wir jetzt die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Besonders in den Bereichen Finanzierung, Talentförderung und Regulatorik gibt es noch viel ungenutztes Potenzial“, erklärt Martin Wrulich, Senior Partner und Managing Director des Wiener McKinsey-Büros.
Umfrage unter österreichischen Start-up-Expert:innen: Finanzierung bleibt größte Herausforderung
Während die etablierten österreichischen Unternehmen im europäischen Vergleich bereits überdurchschnittlich in Forschung und Entwicklung investieren, insbesondere im Maschinenbau und der industriellen Fertigung, hinkt der Standort bei Risikokapital-Investitionen von institutionellen Geldgeber:innen hinterher. Die McKinsey-Analyse zeigt, dass besonders Start-ups in der Spätphase ihrer Entwicklung Schwierigkeiten haben, die für die weitere Skalierung des Unternehmens notwendigen Finanzmittel zu bekommen. Während der Unterschied bei der Finanzierung von Start-ups in der Anfangsphase zwischen Österreich und Großbritannien nur 15 Millionen Euro pro Million Einwohner:innen beträgt, wächst er bis zu den Spätphasen auf bis zu 131 Millionen Euro an.
„Der lückenlose Zugang zu Kapital in allen Phasen ist jedoch entscheidend, um mehr Menschen zu einer Gründung zu motivieren und die Entwicklung von Scale-ups zu unterstützen“, so McKinsey-Partner und Experte für Startup-Ökosysteme Tobias Henz.
Als Ursachen für die Investitionslücke benennen die Autoren zwei Faktoren:
- Fehlende regulatorische Anreize: Pensionsfonds, Stiftungen und Privatpersonen bevorzugen unter den aktuellen Rahmenbedingungen konservativere Anlageklassen wie Immobilien.
- Zurückhaltung bei Corporate Venture Capital: Während 45 Prozent der größten börsennotierten Unternehmen Europas und 68 Prozent der US-Konzerne eigene Einheiten für Risikokapital-Investitionen betreiben, sind es in Österreich nur 20 Prozent der ATX-40-Unternehmen.
Bildung und Talententwicklung als Grundlage für ein starkes Start-up-Ökosystem
Österreichs geringe Präsenz im Technologie- und Softwaresektor bremst das wirtschaftliche Wachstum. Fortschritt in diesen Bereichen wird besonders durch Start-up-Gründungen und die Skalierung innovativer Unternehmen (Scale-ups) begünstigt. Obwohl Österreich über erstklassige Hochschulen verfügt, streben wenige Studierende einen Abschluss in Naturwissenschaften an. Der Anteil an MINT-Absolvent:innen liegt in Österreich bei nur 13 Prozent und damit 11 Prozentpunkte unter dem Europaschnitt. Neben einschlägigen Ausbildungswegen können unternehmerische Lehrpläne und Spin-off-Inkubatoren an Universitäten sowie regionale Innovationszentren starke Motivatoren für Start-up-Gründungen sein.
Erfolgsstrategien europäischer Nachbarländer
Insbesondere Schweden, die Benelux-Länder und die Schweiz haben starke Ökosysteme etabliert, die Arbeitsplätze schaffen und damit zum Wohlstand ihrer Bevölkerung beitragen. Ein zentraler Faktor ist die stärkere Verankerung und gezieltere Unterstützung von Unternehmertum im und durch das Bildungssystem. 140 Start-up-Neugründungen pro Million Einwohner:innen könnten Österreichs Ökosystem in den nächsten Jahren in die Top 10 Prozent Europas führen. Dafür braucht es gezielte Maßnahmen, etwa:
- Bessere Finanzierungsbedingungen – insbesondere durch Anreize für Pensionsfonds, Stiftungen und Business Angels
- Stärkeren Zugang zu Corporate Venture Capital (CVC), vergleichbar mit Deutschland und der Schweiz
- Schnellere und unbürokratische Visaverfahren, um internationale Talente anzuziehen