Der Kreislauf der Nachhaltigkeit: Ein Gespräch mit Thomas Gros von circulee

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Thomas Gros, CEO und Mitbegründer des deutschen Start-ups circulee erläutert im Interview, wie sein Circular-Economy-Modell zur Verringerung des CO2-Ausstoßes beitragen und die IT-Hardwarebeschaffung in kleineren Unternehmen revolutionieren kann.

Tomas Laboutka: Herzlich willkommen, Thomas. Schön, dass Sie heute bei uns sind.

Thomas Gros: Danke, Tomas. Ich freue mich sehr über die Gelegenheit, mit Ihnen zu sprechen.

Tomas Laboutka: Um direkt zum Thema zu kommen: Erklären Sie uns doch bitte, wie Circular Economy, also Kreislaufwirtschaft, dazu beitragen kann, die Klimakrise zu lösen.

Thomas Gros: Die Klimakrise ist offensichtlich zu einem großen Teil auf den CO2-Ausstoß in einer Reihe von Industrien zurückzuführen. Diese Emissionen lassen sich aber nur zu einem Teil durch effizientere Produktionsprozesse reduzieren. Wir müssen also mehr tun, als nur die Emissionen oder unseren Verbrauch zu verringern.

Wir müssen vielmehr besser darin werden, unsere Ressourcen wiederzuverwenden und weniger seltene Metalle oder Mineralien zu verbrauchen. Das ist eine wichtige Aufgabe in unserem Kampf gegen den Klimawandel: zu lernen, wie wir unsere Ressourcen optimal nutzen, wiederverwenden und bestmöglich ausnutzen, um unseren Planeten zu retten. Dafür sind zirkuläre Geschäftsmodelle in vielen Industrien nötig.

Tomas Laboutka: Das ist sehr interessant! Ich weiß, dass viele Verbraucher den Gedanken befürworten, weniger zu verbrauchen, seinen Teil beizutragen und letztlich die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Das ist mittlerweile bei vielen im Bewusstsein verankert. Sie bauen jedoch ein B2B-Unternehmen auf. Wie sieht das in diesem Segment aus? Welches Potenzial gibt es dort?

Thomas Gros: Unser Unternehmen verlängert effektiv die Lebensdauer von IT-Geräten wie Laptops, Smartphones, Monitoren und so weiter. Und in dieser Produktkategorie – Geräte, die wir alle für unsere Arbeit brauchen – gibt es bisher noch keine größeren Ansätze in Richtung Wiederverwendung oder Kreislaufwirtschaft. Das lässt sich am Beispiel Auto gut veranschaulichen. Der Gebrauchtwagenmarkt ist gut etabliert, und sowohl Privatverbraucher als auch Unternehmen kaufen Gebrauchtwagen.

Im IT-Hardwarebereich sind Gebrauchtkäufe – oder pre-owned Hardware, wie wir das nennen – jedoch noch nicht üblich. Während Unternehmen sich erst noch an den Gedanken von pre-owned Hardware gewöhnen müssen, setzen Verbraucher schon länger auf Wiederverwendung oder Lebensdauerverlängerung von Geräten, beispielsweise im Rahmen von Teileigentumsmodellen. Verbraucher kaufen pre-owned IT-Hardware schon seit einer ganzen Weile, Unternehmen holen erst allmählich auf. Wenn man sich die Geschäftswelt ansieht, rüsten Unternehmen gerade in Europa ihre Mitarbeiter noch bevorzugt mit Neugeräten aus. Dass sich Firmen für pre-owned IT-Hardware entscheiden, ist noch relativ selten.

Das hat konkrete Gründe, zum Einen nämlich, dass Unternehmen darauf angewiesen sind, dass ihre IT-Hardware funktioniert. Zum anderen ist das kein Bereich, in dem man normalerweise nach Möglichkeiten zur Kosteneinsparung sucht. Die IT ist einer der Bereiche, in dem Arbeitgeber noch der Ansicht sind, dass es ein Zeichen der Wertschätzung ist, Mitarbeiter mit Neugeräten auszurüsten. Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten in einem Unternehmen und bekommen ein Gerät, dem man ansieht, dass es schon geraume Zeit genutzt wurde. Sie wären vermutlich viel weniger begeistert, als wenn man Ihnen brandneue Hardware zur Verfügung stellen würde.

Was Unternehmen letztlich davon abhält, verstärkt auf die Wiederverwendung von Geräten zu setzen, lässt sich mit Risikoaversion und Unbequemlichkeit zusammenfassen. Und genau das wollen wir mit circulee ändern. Wir versuchen den gesamten Prozess – und die Qualität der pre-owned IT-Hardware – so gut zu machen, dass die Nutzung so einfach wie der Kauf und die Bereitstellung neuer Hardware ist. Das ist der Punkt, an dem wir ansetzen. Wir machen den Vorgang so unkompliziert und so bequem, dass Unternehmen kaum noch an dieser Option vorbeikommen.

Und nachdem wir mittlerweile fast ein Jahr in Betrieb sind, sehen wir vielversprechende erste Ergebnisse. Die Unternehmen beginnen langsam, sich mit dem Gedanken anzufreunden. Wir können natürlich über die Gründe spekulieren, doch ich glaube einfach, dass wir mit circulee ein Angebot haben, das für Unternehmen funktioniert. Die Unternehmen trauen sich, den Anfang zu machen und erkennen dann, dass es sich tatsächlich lohnt.

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Co-Autor:innen: 
Kai Vollhardt ist Partner im Frankfurter Büro von McKinsey, Sascha Lehmann ist Partner im Hamburger Büro von McKinsey, Jesko Perrey ist Senior Partner im Düsseldorfer Büro von McKinsey, Jerome Königsfeld ist Partner im Kölner Büro von McKinsey und Oliver Gediehn ist Partner im Berliner Büro von McKinsey.