Z wie Zukunft: von der Zentral- zur Zukunftsabteilung

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Das Alphabet endet bekanntlich mit dem Z. Doch im Falle der Zentralabteilung ist es genau umgekehrt: Sie ist Beginn und Grundlage sämtlicher Prozesse innerhalb der Ministerien, da sie die zentralen Aufgaben von Staat und Verwaltung wahrnimmt.
Die meisten Behörden in Deutschland verfügen über eine eigene Zentralabteilung, kurz: Z-Abteilung oder einfach „die Z“. Diese bildet die „Verwaltung der Verwaltung“ und verantwortet verschiedene Querschnittsthemen, meist in den Bereichen Haushalt, Organisation, Personal, IT, innere Dienste und teils auch Digitalisierung.

Ohne die Z-Abteilung geht nichts – mit ihr geht fast alles
Während sich die meisten Menschen kaum oder nur wenig unter den Tätigkeiten einer Z-Abteilung vorstellen können, genießt sie innerhalb der Verwaltung eine besondere Stellung. Denn sie fungiert als Dienstleisterin für ihre Kundschaft, also die Mitarbeitenden der Verwaltung. Konkret heißt das: Die Z-Abteilung sorgt im Interesse aller Bürger:innen für gut ausgewähltes und geschultes Personal, optimale Arbeitsbedingungen, funktionierende Technik, einen wirtschaftlichen Einsatz von Steuergeldern und zügige Geschäftsprozesse.
Somit verantwortet sie nicht nur entscheidende Zukunftsfelder, sondern ist auch Wegbereiterin für Innovation und einen modernen Staat. Sich ändernde Rahmenbedingungen und der kurzfristige Bedarf an Veränderungsprojekten stellen die Z-Abteilung jedoch immer wieder vor neue Herausforderungen.
Es zeigt aber auch, dass die Z-Abteilung in einem ganz neuen Spannungsfeld arbeitet: Gefragt ist nicht mehr nur zuverlässiges Planen, sondern auch zunehmend schnelles Handeln und das Gestalten zukunftsorientierter Konzepte, z.B. im Personalmanagement und Digitalisierung. So haben die Z-Abteilungen z.B. in der Corona-Krise in Rekordzeit hybride Arbeitsmodelle eingeführt und neue Technologien wie Kollaborationstools und Cloud-Lösungen beschafft.

Was die Zukunftsabteilung auszeichnet
Angesichts solcher Herausforderungen ist es an der Zeit, dass sich Z-Abteilungen neu aufstellen. Das ambitionierte Ziel sollte dabei sein, aus der Zentral- eine Zukunftsabteilung zu machen. Diese ist nicht nur auf Stabilität, sondern vor allem auf Fortschritt ausgerichtet, indem sie z.B. die folgenden Rollen wahrnimmt:
Talentschmiede. Strategisches Personalmanagement ist die entscheidende Voraussetzung für die Arbeits- und Zukunftsfähigkeit eines Hauses. Die Personalvermittlung innerhalb der Behörden muss zeitgemäß und modern sein. Dafür nutzt sie u.a. ein Fähigkeiten-Kataster, bietet individuelle Personalentwicklung und flexible Karrieremodelle für Bewerber:innen, die sich nicht lebenslang verpflichten wollen, und fördert neben klassischen Laufbahn- auch Projektkarrieren.
Projektpartnerin. Die Mitarbeitenden der Z-Abteilung gestalten aktiv mit, wie das Haus seine Aufgaben erfüllt, indem sie z.B. in flexiblen Teams Projekte initiieren und so die Fachseite unterstützen. Als agile Coaches können sie helfen, Aufgaben zu priorisieren und Projekte zum Erfolg zu führen.
Budgetmanagerin. Mit agilen Finanzierungsmechanismen hilft die Z-Abteilung den Fachabteilungen, Projekte flexibler zu gestalten. Beispielsweise stellt sie Budgets bereit für Digitalisierung und Innovationen sowie „behördliches Wagniskapital“ (Venture Capital). Außerdem unterstützt sie Projekte und Fach-abteilungen z.B. mit ihrer Kameralistik-Expertise.
Innovationstreiberin und Fortschrittsmesserin. Die Z-Abteilung stellt die Infrastruktur bereit, bringt so die Digitalisierung der Verwaltung voran und bereitet den Weg für eine Kultur der evidenzbasierten Verbesserung. Zudem verankert sie datengetriebene Entscheidungen im Haus und richtet Dashboards ein, in denen sie alle relevanten Zahlen transparent macht – etwa zu Personal und Budget, je Projekt und Abteilung.

Wie aus der Zentral- eine Zukunftsabteilung wird
Für die Transformation zur Zukunftsabteilung müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. So muss etwa die Leitungsebene das Vorhaben entschlossen unterstützen und die Mitarbeitenden müssen bereit sein, sich auf Veränderungen einzulassen. Dazu sind erste Aufgaben zu identifizieren, zu planen und anzugehen, wobei folgende Ideen besonders relevant erscheinen und entsprechenden Einfluss haben können:
1. Recruitingprozesse beschleunigen. Angesichts von Fachkräftemangel und sich wandelnder Ansprüche an Arbeitgeber hat die Z-Abteilung zunehmend die Aufgabe, Talente von morgen rechtzeitig zu erkennen und rasch zu gewinnen. Bewerber:innen sollten nicht mehr monatelang auf eine Rückmeldung warten müssen (und sich inzwischen möglicherweise für einen anderen Arbeitgeber entscheiden). Stattdessen kann die Z-Abteilung mit digitalen, transparenten und bewerberfreundlichen Prozessen die richtigen Personen für das Haus anziehen und so künftige Personallücken verhindern.
2. Personal strategisch planen. Die Z-Abteilung sollte dafür sorgen die Personalplanung langfristig ausrichten, indem sie die strategischen Ziele der Organisation für die nächsten drei, fünf und zehn Jahre berücksichtigt. Dazu stellt sie den prognostizierten Personalbestand dem voraussichtlichen Bedarf gegenüber. Dieser hängt ab von den strategischen Zielen des Hauses, die z.B. zusätzliche Rollen oder neue Modelle der Zusammenarbeit erfordern können. Bei ihren Analysen sollte die Z-Abteilung zudem Automatisierungseffekte einkalkulieren.
3. Kompetenzorientierte Projektteams einführen. Die Z-Abteilung kann einen Projektpool einrichten, in dem sie Mitarbeitende nach ihren Fähigkeiten auflistet und diese gegebenenfalls in interdisziplinären Teams für Projekte zusammenbringt. Die Teammitglieder arbeiten dort flexibel in flachen Hierarchien zusammen, treffen Entscheidungen gemeinsam und wechseln sich in der Teamleitung ab. Vorbild hierfür können sogenannte Flexiteams sein, die einige Behörden bereits erfolgreich eingesetzt haben. Diese helfen den Fachabteilungen schnell und unbürokratisch bei der Umsetzung von Projekten.
4. Hybrides Arbeitsmodell definieren und umsetzen. Die Frage nach der Ausgestaltung der künftigen Arbeit geht weit über ein bloßes „Büro vs. Home Office“ hinaus. Es gilt, ein innovatives und modernes Arbeitsumfeld für alle Mitarbeitenden zu schaffen. Die Z-Abteilung kann hier eine ganzheitliche Betrachtung etablieren: Diese umfasst z.B. Fragen zum mobilen und flexiblen Arbeitsmodell ebenso wie zum physischen Arbeitsumfeld, etwa zur Nutzung von Büroräumen sowie zu digitalen (Kollaborations-)Werkzeugen. Das bietet oft auch die Chance, das Immobilienportfolio des jeweiligen Hauses zu überdenken.
5. Durchgängig digitales Arbeiten ermöglichen. Innerhalb von zwölf Monaten kann die Z-Abteilung in jedem Haus die zehn wichtigsten internen Prozesse identifizieren (z.B. Vorlagen und Wissensmanagement) und diese nutzerzentriert digitalisieren. Dazu räumt sie zunächst technische Hindernisse aus und führt unkomplizierte Trainingsangebote für die Mitarbeitenden ein, damit diese Probleme schneller lösen können. Parallel pilotiert sie spürbare Verbesserungen, z.B. eine Tablet-kompatible digitale Mitzeichnung und die zügige Einführung der E-Akte.
6. Beratungsstelle für zukunftsorientierte Budgetfragen einrichten. Die Z-Abteilung kann ihre herausragende Expertise zu Haushalt und Kameralistik künftig noch gezielter für die Fachseite verfügbar machen. Eine entsprechende Beratungs- und Servicestelle würde rotierend von Mitarbeitenden der Z-Abteilung besetzt und könnte z.B. Beschäftigte des Hauses projektspezifisch beraten, Flexibilität in vorhandenen Budgets identifizieren sowie den Fachabteilungen helfen, Innovationen in agilen Projekten zu erproben.
7. Pitch-Prozess für Ideen etablieren. Die Z-Abteilung kann das kreative Potenzial des Hauses stärken, indem sie Ideen der Mitarbeitenden sichtbar macht und ihre Umsetzung unterstützt. So kann sie etwa vielversprechende Ideen sammeln und auswählen, deren Ausarbeitung sie dann unterstützt. Höhepunkt ist ein Pitch vor der Hausleitung, die darüber entscheidet, welche Ideen eine Chance bekommen, zu Prototypen weiterentwickelt und umgesetzt zu werden.
8. Weg zur Klimaneutralität unterstützen. Auch auf dem Weg zur Klimaneutralität der gesamten Bundes-verwaltung bis 2030 kann die Z-Abteilung eine zentrale Rolle spielen. Beispielsweise kann sie Ansatzpunkte innerhalb des Hauses identifizieren, mit den Fachabteilungen Reduktionsziele vereinbaren, die Umsetzung von Maßnahmen methodisch unterstützen und z.B. über ein Klima-Dashboard den Fortschritt messbar machen.

Von A bis Z: Die Themen der Z-Abteilung sind vielfältig – ebenso wie die Chancen, vor denen sie derzeit steht. In den kommenden Jahren gilt es, diese Chancen zu ergreifen, neue Standards zu setzen und somit den Weg zu ebnen für einen modernen Staat und eine innovative Verwaltung.

Autor:innen: Solveigh Hieronimus ist Senior Partnerin im Münchner Büro von McKinsey, Björn Münstermann ist Senior Partner im Münchner Büro, Julia Klier ist Partnerin im Münchner Büro und Peter Pfannes ist Associate Partner im Berliner Büro, Gerhard Hammerschmid ist Professor of Public and Financial Management an der Hertie School.

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